Zürau - Was aus meinen Träumen wurde

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18. I <1922>  [...]
Ein Augenblick Denken: Gib Dich zufrieden, lerne (lerne 40jähriger) im Augenblick zu ruhn (doch, einmal  konntest Du es). Ja im Augenblick, dem schrecklichen. Er ist nicht schrecklich, nur die Furcht vor der Zukunft  macht ihn schrecklich. Und der Rückblick freilich auch.
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8. <Oktober> 1917 [...]
Füttern der Ziegen, von Mäusen durchlochtes Feld, Kartoffelklauben ("Wie der Wind uns in den Arsch bläst") Hagebuttenpflücken,

[...] Bauer Kunz (mächtig, überlegene Erzählung der 15 Weltgeschichte seiner Wirtschaft, aber freundlich und gut) Allgemeiner Eindruck der Bauern: Edelmänner, die sich in die Landwirtschaft gerettet haben, wo sie ihre Arbeit so weise und demütig eingerichtet haben, dassß sie sich lückenlos ins Ganze fügt und sie vor jeder Schwankung und Seekrankheit bewahrt werden bis zu ihrem seligen Sterben. Wirkliche Erdenbürger. —
15 II 20
  Es handelt sich um folgendes: Ich sassß einmal vor vielen Jahren, gewissß traurig genug, auf der Lehne des Laurenziberges. [Ich prüfte die Wünsche, die ich für das
Leben hatte. Als wichtigster oder als reizvollster ergab sich der Wunsch, eine Ansicht des Lebens zu gewinnen (und — das war allerdings notwendig verbunden — schriftlich die andern von ihr überzeugen zu können) in der das Leben zwar sein natürliches schweres Fallen und Steigen bewahre aber gleichzeitig mit nicht minderer Deutlichkeit als ein Nichts, als ein Traum, als ein Schweben erkannt werde. Vielleicht ein schöner Wunsch, wenn ich ihn richtig gewünscht hätte. Etwa als Wunsch einen Tisch mit peinlich ordentlicher Handwerksmässßigkeit zusammenzuhämmern und dabei gleichzeitig nichts zu tun und zwar nicht so dass man sagen könnte: "ihm ist das Hämmern ein Nichts" sondern "ihm ist das Hämmern ein wirkliches Hämmern und gleichzeitig auch ein Nichts", wodurch ja das Hämmern noch kühner, noch  entschlossener, noch wirklicher und wenn Du willst noch irrsinniger geworden wäre. Aber er konnte gar nicht so wünschen, denn sein Wunsch war kein Wunsch, er war nur eine Verteidigung, eine Verbürgerlichung des Nichts, ein Hauch von Munterkeit, den er dem Nichts geben wollte, in das er zwar damals kaum die ersten bewußssten Schritte tat, das er aber schon als sein Element fühlte.] Es war damals eine Art Abschied, den er von der Scheinwelt der Jugend nahm; sie hatte ihn übrigens niemals unmittelbar getäuscht, sondern nur durch die Reden aller Autoritäten rings herum täuschen lassen. So hatte sich die Notwendigkeit des "Wunsches" ergeben
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