Steine - 私の夢はどうなったのか

コンテンツに移動します
.
      
Steine

Was? Steine? Was soll denn daran interessant sein? So oder ähnlich werden viele Menschen denken. Steine sind tot („versteinert“), kalt („Das steinerne Herz“), meist unansehnlich („steingrau“), oder gar Hindernisse („Steine in den Weg legen“) und Stolpersteine.
Aber es gibt auch andere Aspekte. Manche von uns hatten als Kind ihre Steinsammlung: seltsam geformte Kiesel, manche mit Gesichtern oder wie Tierköpfe, manche lagen einfach so schön in der Hand („Handschmeichler“) oder hielten die Erinnerung an einen besonderen Ort oder ein Ferienerlebnis wach.
Warum werden große Steine, oft auch unbehauen, gerne für Denkmäler und Erinnerungsstätten genutzt? Warum sind Steingärten nach japanischem Vorbild so populär, selbst wenn sie manchmal wie eine Karikatur ihrer Vorbilder wirken? Warum erscheinen eigenartige, sagenumwitterte Felsformationen uns auch heute noch oft so geheimnisvoll und regen unsere Phantasie an? Glauben wir, den religiösen Schauder nachempfinden zu können, der Menschen vor tausenden von Jahren bei ihrem Anblick erfasste und der diese Steine als etwas Heiliges und Göttliches erscheinen ließ? Solche religiösen Gefühle sind für uns nur noch schwer nachvollziehbar. Zu weit liegen die Zeiten zurück, wo diese Traditionen noch lebendig waren. Zu stark ist der Bruch, der mit dem Auftreten neuer Religionen und Weltanschauungen erfolgte.
In meiner näheren Heimat stehen die Externsteine, wohl seit uralten Zeiten ein Ort von religiöser Bedeutung, dem das Christentum eine neue Funktion gab, indem es dort eine christliche Kapelle in den Felsen einbaute, während die vorchristliche Tradition „verteufelt“ wurde duch eine Legende, die die Steine mit dem Teufel in Verbindung bringt, der mit ihnen einen Tempel bauen und so Gott provozieren wollte. Vielerorts finden sich solche  „Teufelsteine“, so wird etwa ein Großsteingrab in Heiden in Westfalen als „Düwelsteene“ bezeichnet. Ein anderes Beispiel für die Überformung durch das  Christentum ist das „Hockende Weib“ im Teutoburger Wald, dessen ursprüngliche Bedeutung nicht mehr erkennbar ist, da sie von einer christlich geprägten Sage überformt wurde, nach der eine Mutter bei einer großen Flut die Kinder auf ihrer Schulter rettete, indem sie Gott bat, sie in einen Felsen zu verwandeln. Auch so bleibt aber noch der geheimnisvoll-mystische Zauber, der diesen Felsen umgibt, spürbar.

Schon in der frühen Tradition Israels gibt es ein Beispiel (Genesis 28,11), das zeigt, wie der im Mittelmeerraum  weit verbreitete Steinkult durch den Glauben an den einzigen Gott, Jahwe, zurückgedrängt und abgelöst wird.  Auch in Kanaan, wo die Geschichte spielt, verehrten die Menschen besondere Steine als heilig, als Götter oder als Wohnung eines Gottes, weshalb sie auch mit dem aus dem Aramäischen stammenden Wort bet el („Haus Gottes“) bezeichnet wurden. In der biblischen Erzählung wird aus dem heiligen Kultstein ein beliebiger Stein, den Jakob auf der Flucht vor Esau für seine Nachtruhe auswählt. Erst nachdem er mit dem Kopf darauf schlafend im Traum die berühmte Vision von der Himmels- oder Jakobsleiter hatte, weiht er den Stein zu einem Gedenkstein und bindet den alten Kult so ein in seinen neuen monotheistischen Gottesglauben. Aber die alte Tradition der Steinkulte ist noch lebendig in der Magie seines Traumes und in Jakobs religiöser Ergriffenheit, die er dem Ort zuschreibt, und wenn er diesen dann Betel nennt, also Haus Gottes in der Tradition der Steinkulte.
Die dritte große monotheistische Religion, die unser modernes Bewusstsein geprägt hat, der Islam, hat wie das Judentum alle bildlichen Darstellungen Gottes und erst recht alle „Götzenbilder“ und Idole verboten. Umso erstaunlicher ist es, dass gerade in dieser Religion die alte Tradition des Steinkults weiterlebt, und zwar an ganz zentraler Stelle, nämlich in Gestalt des schwarzen Steines in der Kaaba in Mekka. Wie konnte es dazu kommen? Wie soll man das verstehen? Niemand konnte mir bisher eine überzeugende Antwort darauf geben. Lebt in dieser Tradition vielleicht etwas weiter, etwas ursprünglich Menschliches, zu dem wir keinen bewussten Zugang mehr haben? Verbindet uns also vielleicht doch noch mehr mit den prähistorischen Menschen als uns gemeinhin bewusst ist?
Hier kann uns die japanische Kultur vielleicht einen Zugang verschaffen. Es ist erstaunlich, welche Rolle Steine auch für moderne Menschen in Japan in vielen Bereichen der Kultur spielen, bis hin zu alt-überlieferten Formen des Steinkults. In der Welt des Shintō finden sich zahllose Steine, die, wie auch etwa alte Bäume oder Wasserfälle, durch das Shimenawa, ein dickes Reisstrohtau, und zusätzlich meist durch gefaltete Papierstreifen von der profanen Welt abgehoben und als göttlicher Bereich gekennzeichnet werden. Dieser religiöse Hintergrund ist auch da noch spürbar, wo Steine in Parks oder in den verschiedenen Formen der darstellenden Kunst als Grundbestandteil der Natur erscheinen. Selbst auf dem kleinsten Medaillon, das etwa eine Schale schmückt, fehlt neben einem Kiefer- oder Kirschenzweig selten ein (oft besonders geformter) Stein. Daraus ersieht man schon, dass Steine in Japan ein wesentlicher Bestandteil der, wie man hier ausdrücklich sagen muss, lebendigen Natur sind. Steine sind nicht tot, sie wachsen, wenn auch über aus Menschensicht beinahe unendliche Zeiträume, die sie dem Menschen bewusst machen. Eine besondere Rolle spielen Steine, die diesen Wachstumsprozess sichtbar werden lassen und die sogar einen eigenen Namen haben: die Sazare-ishi, größere Steine, die aus kleineren Kiesel- und anderen Steinen zusammengebacken sind. Jeder in Japan kennt diese aus der Nationalhymne, wo man wünscht, dass das Kaisertum so lange bestehen möge, bis aus dem Sazare-ishi ein Fels geworden ist. Hier ist der Wachstumsprozess des Steins also deutlich angesprochen.
Links ein Sazare-ishi aus dem Shimokamo-Schrein in Kyoto, rechts einer im fortgeschrittenen Stadium aus dem Omi-Schrein in Hyuga.
Besondere Verehrung genießen Steine, die einem Tier ähneln. Ihnen werden spezielle göttliche Kräfte zugeschrieben. Beliebt sind vor allem (Schild-)Kröten, was sicher auch mit deren kompakter Körperform zu tun hat, die man eher in einem Stein entdecken kann. Auch so braucht man dazu meist einige Phantasie, wie die ersten drei Beispiele unten zeigen. Beim ersten hat man deshalb für phantasielose moderne Menschen eine Porzellankröte oben auf den Stein gestellt (beim dritten links unten). Steinzeitmenschen ohne die optische Reizflut der modernen Welt waren da wohl anders. Umso bemerkenswerter ist es, dass der magische Reiz dieser Steine in Japan bis heute lebendig ist und dass etwa die erste der „Kröten“ unten im 16. Jahrhundert eigens in die Burg von Osaka transportiert wurde, um schließlich sogar in einem Tempel zu landen und ein eigenes Fest zu bekommen.
Nicht transportieren kann man den „Löwen“. Er wird ohnehin vor Ort gebraucht, denn er schützt dort seinen Schrein schon seit über 1200 Jahren. Dass man ihm das nach wie vor zutraut, sieht man daran, dass der Schrein auf die sonst üblichen Komainu (eine Art Löwen) verzichtet, die sonst als Wächter vor Schreinen stehen.
Viele der als göttlich verehrten Steine beindrucken vor allem durch ihre Größe, Besonderheiten der Form und Legenden, die sich seit altersher um sie ranken, wie bei den beiden letzten Beispielen. [Zum Vergrößern kleines Quadrat in der Steuerleiste klicken!]
1. Glückskröte, ursprünglich in einem Fluss nahe der Burg von Osaka, dann in der Burg, jetzt in einem Tempel in der Nähe, mit eigenem Fest
2. „Kröte“ im Isagawa-Jinja, ältester Schrein in Nara (593)
3. „Kröte“, aus der oben ein Baum herauswächst
4.Shishiiwa (Löwenfels) in Kumano
5.Kaminari-iwa, „Fels des lebendigen Gottes“, im Hokura-Schrein in Kobe
6. Legendenumwobener Fels nahe dem Schrein auf dem Komagatake in Hakone

Besonders häufig findet man Steine, die meist als Inseki („weiblicher Stein“) bzw. Yōseki („männlicher Stein“) bezeichnet werden. In und ist das chinesische Yin und Yang, und wie bei diesem werden beide als Einheit gesehen und so gerne zusammengefasst als Inyōseki bezeichnet. Ein herausragendes Beispiel dafür sieht man unten auf dem ersten Bild. Hier bilden der phallusförmige Fels und der längliche davor mit der Spalte eine weltweit wohl einmalige natürliche Einheit. Diese steht für Harmonie und Fruchtbarkei in der Ehe als eine göttliche Kraft, die man durch die Verehrung solcher Steine seit altersher für sich erhofft.
Das gilt auch für zahllose kleine Steine in ähnlicher Form, die man überall in Japan vor allem an Wegrändern und in Schreinen findet, wie auf dem zweiten Bild. Wie dort werden beide Steine oft eng aneinander gestellt. Auf dem dritten Bild haben die Steine in einem Tempel die gleichen Formen, nur imposanter durch ihre Größe, aber das Fehlen von Shimenawa und gefalteten Papierstreifen zeigt, dass sie ihren göttlichen Zauber verloren haben und dass nun der ästhetische Reiz und das künstlerische Arrangement im Vordergrund stehen. Das wird noch deutlicher an dem nächsten Beispiel am gleichen Ort. Aus der Form der Steine ist ersichtlich, dass es sich ursprünglich um typische Inyōseki handelt, aber in der Erklärung des Tempels geht es um eine Schildkröte und einen Kranich, wobei besonders die letztere Zuordnung verwundert.
Die beiden letzten Beispiele aus einem Park in Tokyo zeigen, dass es auch anders geht. Zwar hat man die beiden Steine getrennt und etwas versteckt aufgestellt, aber auf kleinen Tafeln sind sie eindeutig als Inseki und Yōseki identifiziert. Überhaupt sind Steine aus japanischen Parks nicht wegzudenken, wie ich bei einem Spaziergang vor allem durch Parks in Tokyo zu zeigen versuche.

1. Daiinyōshinseki („Großer weiblich/männlicher Gottesstein“), Kobayashi-city, Miyazaki
2. Weiblicher und männlicher Stein am Wegrand
3. Die gleichen Steine in einem künstlerischen Arrangement mit einer Kiefer, Myōshōji (Tempel), Awaji, Hyogo
4. „Kranich“ und „Schildkröte“, Myōshōji, Awaji, Hyogo
5. Inseki, Koishikawa Korakuen, Tokyo
6. seki, Koishikawa Korakuen, Tokyo
Die Faszination besonderer naturgestalteter Steine lebt in Japan auch noch in einer anderen Form weiter, nämlich in der Tradition der Suiseki, die wir zuerst in China finden. Seit 2000 Jahren sammeln ihre Anhänger ganz bewusst Steine, die nicht von Menschen gestaltet sind und die darin ihren besonderen Zauber haben, der allerdings heute meist nicht mehr religiös begründet ist.

Suiseki (jap. 水石, Kompositum in sinojapanischer Aussprache aus den Schriftzeichen 水 für „Wasser“ und 石 für „Stein“) ist die Kunst, in der Natur vorgefundene Steine in meditativ ansprechender Weise zu präsentieren. Geläufig ist ebenfalls die Bezeichnung als chinesischer Gelehrtenstein (chinesisch 供石, Pinyin gōngshí, englisch Scholar’s Rock).
Vor etwa 2000 Jahren begannen die Chinesen, Gelehrtensteine in der hohen Beamtenschaft und in Künstlerzirkeln gemeinsam mit Kalligraphien und Bildern auszustellen, weshalb Suiseki eigentlich ein Aspekt der chinesischen Kunst ist. Ab dem 6. Jahrhundert übernahmen die Koreaner und Japaner die Suiseki-Kunst. Kleinere Gelehrtensteine befinden sich meistens in Innenräumen, größere Steine nehmen besonders in der chinesischen Gartenkunst eine zentrale Rolle ein. [...]
Bei diesen Steinen handelt es sich nicht um irgendwelche Steine, es müssen ausdrucksstarke Steine mit besonderer Form, Farbe und Textur sein. [...]
Die Steine sind natürlichen Ursprungs und werden in Flüssen, Meeren sowie Karstgebieten gefunden. Sie dürfen vom Menschen nicht formgebend bearbeitet werden.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Suiseki (4. 4. 2021)]

Es gibt eine unglaubliche Vielfalt von Formen, Farben und Strukturen in den Suiseki-Sammlungen von Privatleuten und Museen, inzwischen nicht nur in Ostasien, sondern weltweit. Schon eine kurze Suche im Internet verschafft einen Eindruck davon. Auch in Deutschland gibt es eine Suiseki Gesellschaft. [http://www.suiseki-gesellschaft.de/]
コンテンツに戻る