Daten zur Religion in Japan Statistiken - Was aus meinen Träumen wurde

Direkt zum Seiteninhalt

Daten zur Religion in Japan

In den letzten Jahren sind eine Reihe umfangreicher Umfragen zur Religion in Japan erschienen, die ein detailliertes und aktuelles Bild ergeben. Wichtig sind vor allem eine Veröffentlichung zur ISSP Umfrage der Japan Broadcasting Corporation (NHK, 2019), eine Study of the Japanese National Character des Institute of Statistical Mathematics (ISM, 2017) und eine Publikation des zuständigen Ministeriums (MEXT, 2015). Einige der interessantesten Ergebnisse sollen hier vorgestellt werden.

Wie seit Jahrzehnten veröffentlicht die Agency for Cultural Affairs weiterhin jährlich eine zweisprachige Zusammenfassung ihrer Erhebungen, obwohl deren Problematik seit langem bekannt ist.     
Die Angaben zur Zahl der Gläubigen sind praktisch wertlos. Das betrifft vor allem die Angaben zum Shintō, bei dem es sich nur um einige Prozent der Bevölkerung handeln kann, wie Umfragen zeigen (s. u.).
Die Zahl der Gebäude der einzelnen Organisationen sollte dagegen weitgehend korrekt sein. Das gibt zumindest einen Eindruck, wie präsent die einzelnen Religionen in Japan sind. Allerdings kann man einen verlassenen Shintō-Schrein irgendwo im Wald nicht vergleichen mit dem imposanten Haupttempel einer Neuen Religion, der jährlich von Millionen besucht wird.
Dass die Erklärung oben in Anm. 1) nicht zutrifft, zeigen seit Jahrzehnten zahlreiche Umfragen wie diese:


Danach pendelt die Zahl der Menschen in Japan, die sich als gläubig bezeichnen seit sechs Jahrzehnten um die 30% (s. auch unten Q1). Das bestätigen auch andere Umfragen, etwa die der Yomiuri Shimbun oder die große ISSP-Umfrage (Nr. 29; vgl. Nr. 14). Dabei ist aber zu beachten, dass die Unterschiede zwischen den Altersgruppen oft sehr groß sind, zwischen den Zwanzigjährigen und denen über 60 oder über 70 häufig die dreifache Prozentzahl und in einigen Fällen mehr als das Zehnfache. So etwa bei der ISSP-Frage Nr. 29. (Bei denen, die täglich vor dem Hausaltar beten, ist die Prozentzahl bei den Ältesten gegenüber den Jüngsten 1998 sogar mehr als 20mal so hoch!) Weniger groß sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wobei Frauen meist (nicht unerwartet) eine etwas positivere Einstellung gegenüber der Religion zeigen. In allen Einzelheiten können die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der interaktiven Tabelle des ISM (den Link dort anklicken!) sichtbar gemacht werden.
Korrigiert werden die Zahlen des MEXT durch die Umfragen auch da, wo es um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion geht. Das gilt besonders für den Shintō. In den neuesten Umfragen des ISSP (2008 und 2018) ist der Buddhismus, wie auch in allen Umfragen vorher, ganz klar die dominante Religion in Japan mit 33 bzw. 31% (vgl. auch ISSP 18-20). Der Shintō erreicht nicht einmal ein Zehntel davon mit 3,1 bzw. 2,5% und ebenfalls abnehmender Tendenz. Christentum und andere Religionen kommen auf lediglich 0,7/1,2 und 0,8/0,5%.



Hier sind die Umfrageergebnisse des ISM übersichtlich dargestellt. Bemerkenswert ist, dass die Prozentzahl der Gläubigen (Q1) mehr als doppelt überboten wird von denjenigen, die eine religiöse Haltung für wichtig halten (Q2). Der Glaube an ein Leben nach dem Tode (Q3) liegt bei 40% (vgl. ISSP 15). Andererseits gibt es lediglich 3%, die glauben, dass nur die Religion die Menschheit retten kann (Q4, vgl. ISSP 9a).
Die grundlegenden Tendenzen, die sich hier andeuten, werden sehr detailliert und differenziert sichtbar in den Tabellen des ISSP. Es lohnt sich darin zu stöbern, um ein Gefühl für das Verhältnis der Menschen in Japan zur Religion zu bekommen. Wenn man versucht, die komplexen Ergebnisse (zugegeben etwas grob) zu ordnen, kann man die positiven Antworten in Bezug auf die Religion vielleicht wie folgt in drei Gruppen von Prozentzahlen zusammenfassen:
Die Prozentzahl der Gläubigen (die blaue Linie oben, Q1) bildet mit etwa 30% eine mittlere Linie mit leicht fallender Tendenz. Um die 30% erreichen auch religiöse Aktivitäten und Haltungen, die kein besonderes Engagement voraussetzen, wie etwa einigermaßen regelmäßig beten (ISSP 24), Interesse an Zen oder ähnlichen Übungen (ISSP 39), wenigstens gelegentliches Beten vor einem Hausaltar (ISSP 36/37) sowie der Glaube, durch die Religion in schweren Zeiten Trost zu finden (ISSP 31B) oder die Überzeugung vom Nutzen der Religion für die menschlichen Beziehungen, das ethische Bewusstsein und die Armenhilfe (ISSP 44). Auch die Vorstellungen von Himmel und Hölle, von den übernatürlichen Kräften der Ahnen usw. (ISSP 15) fallen in diesen Prozentzahlenbereich.
Die Beziehung zur Religion ist, gerade in Japan, oft mitbestimmt durch Familien- und andere Traditionen. Wenn es aber um religiösen Glauben als persönliche Überzeugung geht, die das eigene Leben wesentlich bestimmt und dessen Grundlage bildet, fallen die Prozentzahlen häufig auf nur wenige Prozent, wie die 3% oben (Q4). So glauben lediglich 6,5%, dass das eigene Leben nur mit Gott einen Sinn hat (ISSP 16C). Nur 10% haben wenigstens einmal im Jahr eine heilige Schrift gelesen. Ganze 5,2% nehmen einigermaßen regelmäßig an Gottesdiensten teil (ISSP Z.23) und 3,1% zusätzlich an religiösen Aktivitäten (ISSP 25). Nur 3% sind sich sicher, dass es Gott wirklich gibt (ISS 13.6).
Deutlich höhere Prozentzahlen haben wir dagegen in der dritten Gruppe oberhalb der blauen Linie, wo es um Religion im weitesten Sinne und oft eher vage und unbestimmte Gefühle in Bezug auf religiöse Phänomene geht. Es zeigt sich, dass zwei Drittel und mehr der Menschen in Japan der Religion zumindest nicht ablehnend gegenüberstehen. Mehr als doppelt so hoch wie die Zahl der Gläubigen ist die Zahl derer, die eine besondere Nähe empfinden zu den einzelnen Religionen in Japan. Für die Jahre 1998/2008/2018 ergeben sich dabei für den Buddhismus 49/66/62% und für den Shintō immerhin 15/21/21%, mit deutlich ansteigender Tendenz. Auch wegen der Möglichkeit der Mehrfachnennungen erhält das Christentum sogar 11/12/12%.
62% der Menschen in Japan haben zumindest das vage Gefühl, dass es Gott oder eine höhere Macht gibt (ISSP 13). Die gleiche Prozentzahl glaubt, dass, wenn der Mensch etwas Böses tut, dieses nicht ungesühnt bleibt (ISSP 38C). Gebete in Notlagen kennen 59% (ISSP 41). Noch höher ist die Zahl derjenigen, die schon einmal Amulette oder Talismane erhalten (82%) oder ein Horoskop gekauft haben (75%), und die traditionellen Schrein/Tempelbesuche zu Neujahr sowie die Friedhofsbesuche an bestimmten buddhistischen Feiertagen kommen sogar auf 90% bzw. 93% (ISSP 43, vgl. Yomiuri).
Dass noch manches von traditioneller Religiosität, oft vielleicht unterschwellig, auch heute noch in Japan weiterlebt, lässt sich an der hohen Zustimmungsquote (74%) zu der folgenden Frage ersehen (ISSP 40):

Können Sie sich vorstellen, dass in Bergen und Flüssen (= in der Natur) Götter wohnen?

(von links nach rechts: ja, eher ja, eher nein, nein, ohne Antwort)

Im Kontrast dazu steht das Misstrauen gegenüber religiösen Organisationen in Japan, das besonders nach den Terroranschlägen der Aum-Sekte 1995 sehr hoch ist (vgl. auch ISSP 7):
Grad des Vertrauens in:
Familie
Wettervorhersage
Zeitungen
Wissenschaft
Ärzte
Gerichte
Fernsehen
Polizei
Lehrer
Religion
Politiker
Staatsbeamte (Bürokraten)
vertraue nicht/wenig//einigermaßen/vertraue
[Asahi Shimbun, 21. 3. 2008]
                                               

[JGSS Research Center, Osaka University of Commerce, 2017]

(Interessant zum Verständnis der gesellschaftlichen Situation in Japan sind auch die Bewertungen der anderen Organisationen!)
Zurück zum Seiteninhalt