Religion in Japan (Einführung): Buddhismus Shinto Zen Shinran Neue Religionen - Was aus meinen Träumen wurde

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Religion in Japan

Um Japan zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, welche Formen der Religion es dort gibt, und ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Rolle sie spielen im Zusammenhang mit Kultur und Gesellschaft. Die japanische Religion, von der oft in der Literatur über Japan die Rede ist, gibt es natürlich nicht. Was wir haben ist eine faszinierende Fülle von oft sehr unterschiedlichen Religionen und Religionsformen. Einige sind sehr alt mit langen Traditionen, aber es gibt auch bis in die jüngste Zeit zahlreiche Neugründungen. Insgesamt kann man sagen, dass die verschiedenen Formen des einheimischen Shintō und des vornehmlich aus China übernommen Buddhismus das Land bis heute am stärksten prägen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Religionen sowie zwischen diesen und verschiedenen Bereichen von Kultur und Gesellschaft fließend sind und gerne in der Schwebe gelassen werden.
Anders als etwa in Europa gibt es eine feste Zugehörigkeit zu einer Religion, nach der sich die gesamte Lebensführung ausrichtet, eher selten. Wie auch in anderen Bereichen in Japan lässt man die Beziehung zur Religion lieber unbestimmt oder offen. Fragt man als Ausländer Bekannte in Japan nach „ihrer“ Religion, sind sie meist überrascht und eher verlegen. Da man nicht gerne negativ antwortet, ist die Antwort dann meist: Buddhismus.
Der ausländische Blick auf die verschiedenen Erscheinungsformen von Religion in Japan führt zu oft sehr unterschiedliche Reaktionen. Die einen sind fasziniert von der unglaublichen Fülle religiöser Phänomene, den zahllosen Tempeln und Schreinen, den religiösen Festen und Gebräuchen, und den immer wieder neu entstehenden zahlreichen religiösen Gemeinschaften. Andere verweisen darauf, dass Religion im Leben der meisten Japaner kaum eine Rolle spielt oder häufig abschätzig und mit Misstrauen betrachtet wird. Auch in der Wissenschaft gehen die Meinungen beim Thema Religion in Japan oft weit auseinander.
Um hier etwas festeren Boden unter den Füßen zu bekommen, ist es gut, zunächst einmal einen Blick auf die statistischen Daten zur Religion in Japan zu werfen. Lange Zeit waren diese nicht sehr zahlreich und teilweise praktisch unbrauchbar. Letzteres betrifft vor allem die umfangreichen Statistiken zu den verschiedenen Religionen in Japan, die jährlich von der Agency for Cultural Affairs (einer Unterabteilung des MEXT) herausgegeben werden. Sie sind unvollständig und beruhen lediglich auf freiwilligen Angaben der religiösen Organisationen. Wenn alle Haushalte in einem Tempelbezirk, multipliziert mit vier, als Zahl der Gläubigen angegeben werden, oder sogar alle, die eine religiöse Zeitschrift abonniert haben, dann wundert es nicht, wenn die Zahl der „Gläubigen“ in Japan die Gesamtzahl der Bevölkerung weit überschreitet, über die tatsächliche Zahl der Gläubigen sagt es nichts. Leider wird das in Veröffentlichungen zur Religion in Japan immer noch falsch interpretiert (so noch 2022 vom CIA).
Glücklicherweise sind in den letzten Jahren eine Reihe umfangreicher Umfragen zur Religion in Japan erschienen, die ein besseres und aktuelleres Bild ergeben. Diese werden unter Daten zur Religion in Japan gesondert vorgestellt.
Dabei zeigt sich, dass seit den 60er Jahren die Zahl der Menschen in Japan, die sich als gläubig bezeichnen, um die 30% pendelt. Wenn man Religion als etwas sieht, das einen unbedingt betrifft, etwas, dem man vollständig vertraut (wie im Christentum), dann ist die Zahl religiöser Menschen in Japan wahrscheinlich noch sehr viel kleiner.
Das zeigt eine Umfrage der Zeitung Asahi Shimbun vom 22. 7. 1978. Auf die Frage, worauf man sich in diesen unsicheren Zeiten verlassen könne, antworteten 41% die Familie“, 30% Geld“, 6% die Politik“, 5% Freunde", 5% die Firma“, 4% die Religion“, 4% Erziehung, 1% Vereine“. Andererseits fühlen sich ca. 62% der Menschen in Japan dem Buddhismus nahe, nur 21% dem Shintō, 12% dem Christentum [s. ISSP].
Die wichtigste Religion in Japan ist eindeutig der Buddhismus, doch viele Japaner denken bei Buddhismus zuerst an Begräbnisse und Tourismus, weil sie sonst wenig andere Berührungspunkte haben.
Dass es aber auch andere Formen des Buddhismus gibt, teilweise sehr alte Traditionen tiefer Religiosität, möchte ich am Beispiel von Shinran (1173-1263) zeigen, dessen persönliche Glaubenserfahrung und Lehre bis heute, auch außerhalb des Buddhismus, in vielfacher Weise in Japan lebendig ist. Sie bildet die Grundlage für die größte Gruppe buddhistischer Schulen in Japan und zeigt eine ganz erstaunliche Übereinstimmung mit Luthers Glaubenserfahrung und Lehre.
Andererseits gibt es grundlegende Strukturen japanischer Religiosität und Mentalität, die sich in den meisten Religionen in Japan finden, besonders im Shintō, und die auch teilweise den Buddhismus überformen und dessen ursprüngliche Lehre geradezu in ihr Gegenteil verkehren. Es handelt sich um die Tendenz, die Wirklichkeit so zu akzeptieren wie sie ist (sono mama), mit Optimismus ganz in der Gegenwart zu leben und diese sogar als beste aller Welten zu erfahren. [ausführlicher dazu]
Es ist natürlich nicht möglich, in dem hier vorgegebenen Rahmen die ganze Fülle der religiösen Phänomene in Japan und deren historische Ursprünge aufzuzeigen. Stattdessen sollen vor allem die Erscheinungsformen des Religiösen angesprochen werden, die häufig missverstanden werden, und insbesondere auch solche, die neue, oft faszinierende Einblicke in die Welt des Religiösen erlauben.
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